Major a. D. Paul Stecken

Richtig reiten reicht


Paul Stecken Paul Stecken (1916 – 2016) war ein kompromissloser Verfechter der klassischen Reitlehre und als Ausbilder von Pferden, Reitern und Reitlehrern stehts bemüht, sein in beinahe einhundert Jahren angesammeltes Wissen über Pferde, deren Haltung, die Reitkunst und nicht zuletzt den freundlichen Umgang mit dem Partner Pferd an zukünftige Generationen weiter zu geben.
Seine eigene Ausbildung, die ihn sehr geprägt hat, erhielt der Major a.D. im Reiter-Regiment 15 der Reichswehr, bzw. im Kavallerie-Regiment 15 der Wehrmacht zu einer Zeit, als Pferde noch für Jedermann ganz normal zum alltäglichen Leben dazu gehörten. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges war er bereits als Chef der Reiter-Inspektion an der Kavallerie-Schule tätig und achtete als Ausbilder stets streng darauf, Reiter und Pferd nach der Reitvorschrift H.Dv.12 auszubilden.
Diese Reitvorschrift der deutschen Wehrmacht fasst das gesammelte Wissen in der Kavallerieausbildung seit dem 18. Jahrhundert zusammen und befasst sich mit der Ausbildung von Pferden und Reitern, die in Kavallerieeinheiten eingesetzt werden sollen.
Im Idealfall beherrscht am Ende der Ausbildung der mit der Freunde am Reiten und der Liebe zum Pferd beseelte Reiter sein gewandtes, gehorsames und ausdauerndes Pferd sicher im Gelände. Viele der effektiven Ausbildungsregeln findet man noch heute in den Richtlinien der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, da sie nach dem Zweiten Weltkrieg wegen ihrer praxisorientierten Konzeption auch für den heutigen zivilen Breitensport interessant und in die moderne Pferdeausbildung eingeflossen sind.

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Im Jahr 1950 übernahm Paul Stecken von seinem Vater Heinrich Stecken die Leitung der von Graf Brockdorf-Arlefeld in den Jahren 1922-1925 gegründeten Westfälischen Reit-und Fahrschule in Münster, die unter seiner Leitung bald in ganz Deutschland den Ruf als eine der besten Ausbildungsstätten für Berufsreiter erlangte.
Fünfunddreißig Jahre später, am 8. Dezember 1985, wurde Paul Stecken zwar feierlich in den mehr als verdienten Ruhestand verabschiedet, aber einmal Pferdemensch, immer Pferdemensch und als solcher lässt man sich nicht einfach aufs Abstellgleis schieben. Er widmete sich auch weiterhin fast ausschließlich der Ausbildung von Pferd und Reiter. Viele seiner Schüler wurden unter seiner Anleitung zu international erfolgreichen Spitzenreitern mit Pferden, die trotz, daß sie im Hochleistungssport tätig waren, durch die gründliche und schonende Ausbildung für Pferde biblische Alter von mehr als 35 Jahren erreichten.
Am 27. Juli 2006 wurde Paul Stecken für deine Verdienste die Goldene Plakette der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen verliehen. Im selben Jahr wurde der Verein „Xenophon e.V. - Gesellschaft für Erhalt und Förderung der klassischen Reitkultur“ gegründet, in dessen Ehrenrat er Mitglied war. Der Verein setzt sich unter anderem für einen pferdefreundlichen, verständnisvollen und schonenden Umgang mit dem Pferd ein und wendet sich deutlich gegen die sehr verbreiteten Irrwege der heutigen Dressurausbildung.
Die Arbeit von Paul Stecken war prägend für die Reitausbildung in Deutschland. Insgesammt 12.000 Teilnehmer wurden in seinen Lehrgängen ausgebildet, von denen sich 2.000 Reiter weiter als Reitlehrer ausbilden ließen. 108 Pferdewirte mit dem Schwerpunkt Reiten als Lehrberuf entstammen ebenfalls seiner Schule, die seine Philosophie und die an die Reitvorschrift H.Dv.12 angelehnte Reitausbildung wiederum an ihre Schüler weiter geben und weltweit verbreiten.
Sein Wissen wurde in den Richtlinien für Reiten und Fahren des FN-Verlages in die neuere Literatur übernommen und so konnte Paul Stecken nicht nur durch seine Lehrgänge auf die Ausbildung der Berufsreiter, Trainer und Reitlehrer im Reitsport maßgeblich einwirken. Er verfasste auch selbst eine Vielzahl von Artikeln und Aufsätzen und unter dem Titel „Bemerkungen und Zusammenhänge“ hat er im Jahr 2015, ein Jahr vor seinem Tod, zum Glück für uns Nachfolgende, seine Erkenntnisse zur Entwicklung des Dressursports und der Ausbildung in einem Buch veröffentlicht.
Sein vielfach zitierter Lehrsatz, der untrennbar mit seiner Person und seiner Überzeugung verbunden ist und weswegen man sich immer an ihn erinnern wird, lautet:
„Richtig reiten reicht“



Text: Nadja von der Hocht

Foto: Paul Stecken 1985
Etron770, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons