Scheren

Bevor man zur Schermaschine greift, muß man wissen, warum, denn man schert sein Pferd niemals ohne triftigen Grund.
In den meisten Fällen ist es unnötig, sein Pferd zu scheren. Wird das Pferd im Winter regelmäßig eingedeckt, kann es sein, daß es kaum Winterfell entwickelt. Hat das Pferd im Winter Pause und wird nicht mehr jeden Tag geritten und somit zum Schwitzen gebracht, braucht man auch nicht zum Rasierer zu greifen. Hat das Pferd sich aber im Winter ein ordentlich dichtes Winterfell zugelegt, schwitzt es leichter und trocknet schwerer, wenn es weiterhin viel bewegt wird. In diesem Fall macht es Sinn, sein Pferd vom überschüssigen Fell zu befreien. Dann muss man allerdings mit Abschwitz- und dicken Thermodecken dafür sorgen, daß es nicht friert und immer trocken bleibt.
Ebenso sinnvoll kann es sein ein Pferd zu scheren, wenn es schon älter ist und zum Jahreszeitenwechsel Probleme mit dem Fellwechsel hat. Wenn es bei sommerlichen Temperaturen immer noch mit dickem Teddyfell auf der Weide oder im Stall steht, sollte man mit dem Rasierer nachhelfen und ihm den Pelz abnehmen, bevor es sich totschwitzt. Weitere Argumente für das Scheren wären, daß das kurze Fell sich leichter säubern läßt, daß es nach dem Reiten schneller trocknet und daß das Pferd sich somit nicht so leicht erkältet, daß es leistungsfähiger bleibt, wenn es beim Reiten nicht überhitzt und nicht schwitzt, wenn es im warmen Stall steht. Argumente gegen das Scheren, wäre der natürliche Schutz, den das Winterfell bietet und mehr Arbeit und Aufsicht seitens des Menschen, denn ein geschorenes Pferd muss immer eingedeckt sein. Außerdem besteht die Gefahr, daß das Pferd sich durch das Tragen einer Decke verletzt, wenn es sich darin verheddert. Hinzu kommt, daß geschorene Pferde anfälliger sind für Pilzerkrankungen und Scheuerstellen.

Hat man sich aber dazu entschlossen, sein Pferd zu scheren, darf man für dieses Unterfangen getrost mehrere Stunden Zeit einplanen, ganz besonders, wenn es das erste Mal ist und das Pferd die lärmende Schermaschine noch nicht kennt und es erst noch vorsichtig und geduldig daran gewöhnt werden muß.
Am besten sucht man sich eine ruhige Stelle, an der man das Pferd anbindet mit einer Steckdose für die Schermaschine in Reichweite und hängt dem Pferd ein Strohnetz auf, mit dem es sich beschäftigen kann, damit es wenigstens ein bißchen abgelenkt ist, während man an ihm herum rasiert. Das Fell sollte sauber und vor allem trocken sein, da sich feuchtes oder nasses Fell so gut wie nicht scheren läßt.
Bevor man die Maschine ansetzt, sollte man sicher gehen, daß das Stromkabel sicher verlegt ist und das Pferd nicht aus Versehen darauf treten kann. Stromkabel und Hufeisen sind keine gute Kombination. Auch sollte man erst testen, wie das Pferd auf das Geräusch der Maschine reagiert und sich vorsichtig nähern. Wenn das Pferd entspannt ist, kann man loslegen.

Vor dem ersten Schnitt sollte man sich noch Gedanken gemacht haben, wie viel man den weg rasieren möchte. Soll es eine Komplettschur werden oder doch lieber nur ein sparsamer Streifenschnitt?
Beim Streifenschnitt rasiert man nur die Stellen, die am meisten schwitzen. Das wäre ein Streifen an der Unterseite des Halses, die Brust, der komplette Bauch und ein Streifen an der Hinterhand.
Beim Deckenschnitt rasiert man wie beim Streifenschnitt, nimmt aber auch das komplette Fell am Hals weg bis zum Widerrist. Beim Hunterschnitt, wie er bei Jagdpferden angewendet wird (daher der Name), rasiert man fast das komplette Fell weg. Nur der Kopf, die Beine und die Sattellage bleiben ungeschoren.
Bei der Komplettschur macht man das Pferd vollständig nackig. Nur die Stellen um das Maul und die Ohren dürfen behaart bleiben. Immer daran denken, daß man im Eifer des Gefechtes nicht die Tasthaare um das Maul mit abrasiert! Die müssen immer stehen bleiben, da sie zu den Sinnesorganen des Pferdes gehören.

Man schert immer in langen, gleichmäßigen Bahnen gegen die Wuchsrichtung, die sich ein paar Zentimeter überlappen sollten, um ein ebenmäßiges Ergebnis zu bekommen. Am Bauch lieber vorsichtig sein, da viele Pferde an dieser Stelle kitzelig sind. Am besten hat man einen Helfer dabei, der das Pferd ein wenig ablenkt, streichelt, mit Leckerlis vollstopft und mit ihm redet, weil viele Pferde nicht gerne lange reglos da stehen und gerne mal rumhampeln. Deshalb sollte man an Kopf und Hals beginnen, bevor die Geduld des Pferdes nachlässt. Dann hat man die schwierigsten Stellen schon mal hinter sich.
Nach dem Scheren, die abrasierten Haare wegbürsten und das Pferd sorgfältig eindecken. Auch sollte man bedenken, daß ein geschorenes Pferde jetzt mehr Futter braucht, weil es schneller friert und Frieren kostet immer viel Energie.
 

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